Wie wir wohnen – Wissen to go | Von Jennifer Schnell
3 Fragen – 3 Antworten
Mike Rüske ist ein Hamburger Architekt. Im Kurzinterview spricht er darüber, welchen Herausforderungen die Stadt der Zukunft sich stellen muss, welche Chancen sich mit ihr ergeben und was er persönlich sich für Städte im Jahr 2050 wünscht.


Was sind die drei größten Herausforderungen der Stadt im Jahr 2050?
Mike Rüske: „Kurz: bezahlbares Wohnen, funktionierende Infrastruktur und ein Handel, der das Leben in der Stadt hält, während sie zugleich nicht zur Partymeile verkommt. Es wird eine Herausforderung, die Geschäfte in der Innenstadt zu festigen und zu halten.
Dann brauchen wir dringend eine Preisreduzierung, was das Wohnen angeht, da sonst die Innenstädte verfallen werden. Bereits jetzt ziehen schon wieder viele Menschen lieber aufs Land.
Und es muss in vielen Städten die Infrastruktur fast komplett erneuert werden. Also Bus, S-Bahn, U-Bahn aber auch Autobahn-Brücken. In Berlin ist der ÖPNV zum Beispiel kaum nutzbar, der Verfall ist so groß und Pflege und Erhaltung kosten enorm viel. Ich bin daher für eine Maut, so kann viel schneller erneuert werden. In Österreich und der Schweiz werden zum Teil über Nacht oder innerhalb von 24 Stunden ganze Straßen erneuert. Sowas muss bei uns auch klappen.“

Welche drei Chancen bringt die Stadt der Zukunft mit sich?
Rüske: „Zum Thema Nachhaltigkeit: Eine Chance wäre, nur noch mit Holz zu bauen. Holz ist wiederverwendbar, verwertbar und wächst nach. Zum Beispiel kann man Holz recyceln, indem man Sperrholzplatten daraus macht. Zusammen mit Naturklebstoff und damit kann man ganze Häuser bauen. Ein weiterer cooler Baustoff ist zum Beispiel Lehm.
Wichtig wäre zudem, dass wir in Zukunft klüger dämmen. Baulich sind unsere Gebäude gut, fast unzerstörbar, aber sie sind sehr schlecht wärmedämmend. Besser dämmen lässt sich etwa mit einem Konstrukt aus einer vorgehängten Fassade aus Holz- oder Metallbau, gefüllt mit Mineralwolle, dem Mauerwerk und einer Konterlattung, einem Rahmen aufgebaut wie die Fassade von Fachwerkhäusern. Fürs Klima wäre es zudem wichtig, Dächer sinnvoller zu nutzen.
Zum Beispiel als Photovoltaikanlage oder indem man sie begrünt und so CO2 aufnimmt. Ich fände es super, wenn jedes Haus zu 20 Prozent autark wäre, also Sonne, Wind und Regen speichern würde. Klar kann man sagen, ‚Was sind schon 20 Prozent?‘ aber 20 Prozent mal zehn Millionen Wohnblöcke – das wäre schon eine Riesenmenge an selbst produzierter Energie!“


Welche drei Wünsche haben sie für die Stadt der Zukunft?
Rüske: „Für die Innenstadt wünsche ich mir mehr Geschäfte zu Preisen, die sich für die Betreiber lohnen. Also nicht nur Kneipen, Bars und Snacks.
Dann wünsche ich mir mehr bezahlbares und ruhiges Wohnen in der Innenstadt. Allgemein mehr Ruhe in der Stadt, denn der Mensch braucht Ruhe und nicht dieses ständige Gewaber einer Partymeile.
Und ich wünsche mir keine Autos mehr in der Innenstadt. Stattdessen zum Beispiel ein selbstfahrender, rund um die Uhr fahrender E-Bus. Das wäre eine super Sache. Dann könnte man im Außenring der Stadt günstige oder gar kostenlose Parkplätze anbieten und hätte keine Autos mehr im Stadtzentrum.“